Scena iš kino filmo "Kvėpavimas į marmurą"

Jenseits von Szene und Bildschirm

Können Sie glauben, dass es eine Zeit gab, in der die Menschen für Eintrittskarten zu den besten Aufführungen litauischer Theaterregisseure nachts in der Schlange gestanden haben? Bis zur Unabhängigkeit war das litauische Theater und Kino eine der Möglichkeiten für Künstler, über Situationen und Ereignisse zu sprechen, über die nicht geredet werden durfte. Die Theater- und Kinoboheme rief stets nach Freiheit. Auch heute hat sich nichts geändert: Die Kinodrehbücher und die Theaterszene bringen genauso stressige Themen und Geschichten ans Licht.

Anželika Cholina – die Schöpferin des modernen Tanzes

In ihren Performances setzt sie sich mit komplexen Entscheidungen auseinander, sucht nach Antworten auf Fragen und taucht in tiefe Gewässer ein. Anželika Cholina, eine der bekanntesten litauischen Choreografinnen, die das Theater A | CH gegründet hat, lebt zwischen Vilnius und Moskau, aber ihre Tanzsprache wird von Zuschauern jeder Nationalität verstanden. Die Künstlerin schafft in ihren Tanzaufführungen eine besondere Atmosphäre. Die Schauspieler, die auf der Bühne tanzen, und das Publikum im Saal tragen den Schleier dieser Atmosphäre ebenfalls. „Meine Performances sind mein eigenes Spiegelbild“, sagt die Choreografin.

„Versuche, die Liebe zu verstehen, sie zu akzeptieren, sie zu leben und einfach das Leben zu leben. Szenen aus dem Leben, wie in klarem Wasser, wo man sich und eigene Freunde wiedererkannt hat. Lebensbeziehungen von der Geburt an bis zu den letzten Tagen des Lebens, in verschiedenen Phasen, sie erleben unglaubliche Veränderungen, die vom Niveau der Emotionen, Leidenschaften, Perioden, Sorgen abhängen. Und wie viel kann man durch Musik und Plastik übertragen!“ Jana Motovilova

Jonas Mekas – Avantgardegeschichte von New York

Er ist der Pate des Avantgarde-Kinos. Eine New Yorker Legende, ein Freund von Yoko Ono, John Lennon, Andy Warhol und Allen Ginsberg. Der Wohnsitz des mit dem Litauischen Nationalen Kultur- und Kunst-Preis ausgezeichneten Künstlers Jonas Mekas (1922-2019) ist New York. Er wird als einer der bekanntesten Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts bezeichnet. Vor vielen Jahren hat er in Amerika für geliehenes Geld seine erste „Bolex“ Filmkamera gekauft und begonnen, das Leben litauischer Emigranten zu filmen. Später tauchte er in das Avantgarde-Kino ein, organisierte Filmfestivals, schrieb kritische Artikel über das Kino und legte in New York die „Anthology Film Archives“ an – eines der größten Filmarchive der Welt über das amerikanische Avantgarde-Kino. Jetzt, wo er über 90 Jahre alt ist, schreibt er immer noch Bewertungen für The New York Times, veröffentlicht Bücher. Seine Filme werden den weltweit renommierten Filmfestivals geliefert, er organisiert Ausstellungen, hält dort selbst Reden und gibt Interviews. Die im Laufe vieler Jahre gesammelte enorme Fluxus Collection, die Werke weltbekannter Künstler beinhaltet, hat Jonas Mekas der Stadt Vilnius geschenkt. Im Jahr 2007 wurde hier das Visual Arts Center Jonas Mekas etabliert.

„Filme von Jonas Mekas verkörpern sicherlich den Geist jener Zeit. Durch poetische empirische Betrachtungsweise werden Fragmente enthüllt, wie das Leben in einer der produktivsten Perioden jenes Jahrzehnts in New York City gewesen ist.“ Journalist Joseph John Lanthie

Oskaras Koršunovas – der Wegbereiter des modernen Theaters

Der Botschafter des litauischen Theaters. Der Mann, ohne den das Theater heute undenkbar ist. Er spricht mutig und kühl über die Gegenwart, von der Verfolgung und der Schuld der Nation. Oskaras Koršunovas überrascht, verblüfft, inspiriert und weckt die Fähigkeit zu denken und den heutigen Tag zu schätzen. Preisträger des Nationalen Kultur- und Kunstpreises, des Königlichen Nordsternordens, des Goldenen Kreuzes des polnischen Staatspräsidenten und des Ordens der französischen Kunst und Literatur. Mit seinen Auftritten hat Oskaras Koršunovas die größten und wichtigsten Theaterfestivals besucht. Er hat Litauen das internationale Theaterfestival „Sirenos“ geschenkt, das jeden Herbst in Vilnius stattfindet und bereits zur Tradition geworden ist. Die Stücke von Oskaras Koršunovas sind auf der Bühne des Nationalen Dramatheaters zu sehen. Die meisten von ihnen wurden ins Englische übersetzt.

„Das Oskaras-Koršunovas-Theater ist einzigartig, weil es tiefgründig und schockierend ist, aber seine Sprache bleibt erkennbar und modern. In dieser Zeit der Technik ist das ein Stück, das eine Stunde oder zwei Stunden dauert, ein existenzielles Wunder, das von Gesicht zu Gesicht stattfindet und mit einem Schock und ethischen Entdeckungen endet. So etwas kann nur im Theater stattfinden.“ Philosoph Leonidas Donskis

Eimuntas Nekrošius (1952–2018) – die Legende des litauischen Theaters

Ein Theatergenie. Meister der Stille. Träger des Nationalen Kultur- und Kunstpreises. Von den Italienern wird er genauso geliebt wie von den Litauern. Vielleicht noch mehr, weil sie für den litauischen Filmemacher sehr unterschiedliche Beschreibungen haben: Manche nennen ihn Bühnengott, andere bezeichnen ihn als Theaterdämon. Das Theater von Eimuntas Nekrošius war schon immer etwas Besonderes. Es erzählt von einfachen, alltäglichen Dingen extrem kosmopolitisch, tiefgründig und für Zuschauer jeder Altersklasse, Nationalität und Zeit verständlich.

„Eimuntas Nekrošius widmete sein gesamtes kreatives Leben einer öffentlichen Untersuchung. In seinen Reagenzgläsern wird die Psychologie der Kunst analysiert.“ Theaterkritikerin Daiva Šabasevičienė

Arūnas Matelis – der Kino-Poet

Ein Geschichtenerzähler. Ein subtiler Chronist unserer Zeit, der die Notizen des litauischen Dokumentarfilms in der Welt verbreitet. Er klopft dort an, wo Trauer und Glück, Niederlagen und Siege, Tod und Leben zu Hause sind. Das Talent des Inhabers des nationalen Kultur- und Kunstpreises Litauens und des Dokumentarfilmregisseurs Arūnas Matelis fand weltweite Anerkennung, als die Directors Guild of America ihm den Preis „Für herausragende Verdienste um die Regie“ überreichte. Seine Filme voller Poesie haben nacheinander Auszeichnungen bei den berühmtesten Kinofestivals erhalten. Sein jüngster Film „Wonderful Losers: A Different World“, erzählt davon, was hinter den Kulissen des Radrennens „Giro d’Italia“ geschieht. Der Film wurde in der Kategorie bester fremdsprachlicher Film für den „Oscar“ nominiert.

„Das ist der „Giro“. Ohne Ab- und Anreise. Ohne Spurt und ohne Siege. Der Film pulsiert mit Körpern, die von Leidenschaft und Erschöpfung durchsetzt sind.“ „Bidon magazine“ über den Film „Wonderful Losers: A Different World.

Šarūnas Bartas – der Meister des langsamen Kinos

Ein Magier der Darstellung. Meister der Assoziationen. Einer der bekanntesten und berühmtesten litauischen Filmemacher der Welt. Preisträger des Nationalen Kultur- und Kunstpreises, der mit seinen Zeitlupenbildern das Publikum der Filmfestivals von Cannes und Berlin für sich gewann. Šarūnas Bartas wird für einen besonderen Blick auf die Welt und für tiefe philosophische Einsichten geschätzt. Der Filmemacher hat als erster ein Unternehmen mit dem Namen „Kinema“ ins Leben gerufen, das Dutzende von Spiel- und Dokumentarfilmen für das globale Publikum und internationale Filmfestivals produzierte.

„Šarūnas Bartas hat seltenen Mut, jetzt ist er Vertreter der ältesten Generation der führenden litauischen Filmemacher, die in keiner kreativen Künstlergruppe Sicherheit sucht. Sein Denken und seine Kreativität beweisen, dass man kaum einen extremeren und individuelleren, schwierigeren und gleichzeitig interessanteren Weg wählen kann.“ Literaturkritiker Dr. Ramūnas Čičelis